Arbeitsverweigerung oder Vertuschungsversuch?
Die Verweigerungshaltung der Justizdirektorin werden die Interpellanten so nicht hinnehmen und die Justizkommission und die Geschäftsprüfungskommission mit weiteren Abklärungen beauftragen.
Kommentar aus dem Kantonsrat. Bild: zVg
Am Montag gab es ein Novum im Rat: Der sonst so eloquente EVP-Kantonsrat Donato Scognamiglio war fassungs- und sprachlos. Auslöser war die Antwort bzw. Nicht-Antwort der Justizdirektorin Jacqueline Fehr auf seine dringliche Interpellation zum Thema der externen Experten, die die Zürcher Staatsanwaltschaft für ihre Arbeit beigezogen hat. Schon die eher unspektakuläre erste Anfrage des Trios Scognamiglio (EVP), Senn (FDP), Rogenmoser (SVP) wurde mit einem schlichten Einzeiler beantwortet. Es handle sich um ein laufendes Verfahren und man könne deshalb keine Antworten geben.
Fall Pierin Vincenz wirft Fragen auf
Auslöser der Anfrage war tatsächlich der Fall Pierin Vincenz, der die Staatsanwaltschaft seit Jahren beschäftigt. Dass sich Frau Fehr bei der Anfrage noch hinter einem «laufenden Verfahren» verstecken konnte, ist einigermassen nachvollziehbar. Überhaupt nicht nachvollziehbar und schon gar nicht akzeptabel ist, dass die sonst um jede öffentliche Plattform bemühte Regierungsrätin auch auf die ganz allgemein gestellten Fragen in der dringlichen Interpellation keine Antwort geben wollte und sich erneut hinter der Floskel «laufendes Verfahren» versteckte.
Staatsanwaltschaft überfordert?
Es mutet eigenartig an, dass ganz offensichtlich die Staatsanwaltschaft hoffnungslos überfordert ist mit der Materie – anders kann der Beizug von externen Gutachtern für ihre eigentliche Arbeit fast nicht erklärt werden. Der interessierte Bürger muss aus der Presse nicht nur erfahren, dass eben die Staatsanwaltschaft externe Hilfe benötigte, sondern auch, dass diese externe Hilfe nicht einmal in den Fallakten dokumentiert wurde. Da stellen sich für den Bürger diverse Fragen: Weshalb muss die juristische Elite, die bei der Staatsanwaltschaft arbeitet, sich von anderen Juristen Hilfe holen? Kann es sein, dass wir dort allenfalls doch nicht die geeigneten Leute haben? Und weiter wichtig: Weshalb wurde das nicht dokumentiert? Jeder einfache Handwerksbetrieb muss sämtliche Handlungen akribisch dokumentieren.
Was kostet das Ganze?
Aus gesetzgeberischer Sicht interessiert auch noch, auf welche gesetzlichen Grundlagen sich dieser Beizug von externen Experten stützt, und aus bürgerlicher Sicht vor allem: Was kostet das Ganze? Statt das Vertrauen in die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu stärken mit der geforderten Transparenz, hat es die Regierungsrätin geschafft, ein noch schlechteres Gefühl zu deren Arbeit zu hinterlassen. Man fragt sich: Was hat die Staatsanwaltschaft zu vertuschen? Und weshalb wird sie von der Regierung gedeckt? Die einfachen Fragen der Interpellation hätten rasch beantwortet werden können, so man denn wollte.
«Eine Zeit zum Sprechen und eine Zeit zum Schweigen»
Frau Fehr zog es vor, uns zu erklären, dass es «eine Zeit zum Sprechen und eine Zeit zum Schweigen» gebe. Ein Ratschlag, den sie selbst sehr selektiv zu befolgen scheint, denn sie lässt sonst ja keine Gelegenheit aus, um ihre persönliche Meinung, die sich nicht immer mit der der Gesamtregierung deckt, in jede Kamera zu posaunen. Die Verweigerungshaltung der Justizdirektorin werden die Interpellanten so nicht hinnehmen und die Justizkommission und die Geschäftsprüfungskommission mit weiteren Abklärungen beauftragen. Es geht nicht an, dass der Kantonsrat so respektlos an der Ausübung seiner Arbeit gehindert wird. Und es geht nicht an, dass den Bürgern die Antworten auf legitime Fragen vorenthalten werden.