Das Ende der Eigenverantwortung–immer mehr an den Staat glauben
In der Schweiz ist ein grundlegender Mentalitätswandel im Gang.

Wie haben sich die Parteien und die Schweizer Stimmbevölkerung im vergangenen Jahrzehnt entwickelt? Der auffälligste Trend: abgesehen von den Polparteien links und rechts rückt die traditionell eingemittete Schweiz nach links. Die Bevölkerung vertraut nicht mehr auf wirtschaftliche Selbstregulierung, dafür mehr und mehr auf staatliche Lösungen. Erinnern wir uns an die frühere FDP: Mehr Freiheit, weniger Staat. Führende Manager im Land schrieben an ihrem «Weissbuch». Der Staat wurde kleingehalten, die soziale Kontrolle war umso grösser. Eben Eigenverantwortung. In den vergangenen Monaten aber brach dieses bürgerliche Selbstverständnis einmal mehr zusammen, als die Credit Suisse vom Staat gerettet werden musste. Ja, der Trend hat seit längerem gekehrt.
Die Politik greift bei jeder Krise ein
Durch die Pandemie hat sich dieser Trend noch einmal verstärkt. Andererseits ist die Bevölkerung nicht nur staatsfreundlicher, sondern auch wirtschaftskritischer geworden. Nicht ohne Grund: Die Wirtschaft hat die Ethik völlig verloren. Sie ist liederlich mit dem Vertrauen umgegangen. Die Schweiz ist eigentlich auf dem Vertrauen gebaut, dass sich die Wirtschaft selbst zurückhält und deshalb nicht durch den Staat gebändigt werden muss. In einer Zeit, in der dieser Gesellschaftsvertrag infrage gestellt ist, wendet sich die Bevölkerung an einen stärkeren Staat. Ich als Vertreter der EDU stehe weiterhin für Eigenverantwortung und ethisches Wirtschaftsverhalten. KR Thomas Lamprecht, EDU