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«Das ist ein klassischer Kolonialvertrag»

In einem Interview mit den Schaffhauser Nachrichten hat alt Bundesrat Christoph Blocher umfassende Kritik an den Verhandlungen der Schweiz mit der EU geübt. Das Interview hat hohe Aufmerksamkeit verdient, denn es zeigt gnadenlos die Gefahr auf, die die neue «Paketlösung» für die Schweizer Demokratie und Selbstständigkeit darstellt (Schaffhauser Nachrichten vom 6. Dezember 2023).

Christoph Blocher warnt vor dem Verlust der schweizerischen Demokratie. (Bild: Linda Kastrati)

Es ist eigentlich altbekannt. Wer in Verhandlungen eintritt, muss zuerst seine Ziele und roten Linien definieren. Man sollte annehmen, dass dies auch beim erneuten Anlauf der Gespräche der Schweiz mit der EU der Fall ist. Doch ausgerechnet hier scheint diese Vorbereitung nicht stattgefunden zu haben, was nicht nur Christoph Blocher irritiert: Bereits vorgängig hat man in entscheidenden Fragen, wie der Übernahme von EU-Recht, Eingeständnisse gemacht.

Gefährdete Souveränität

Für Blocher stellt das neue Abkommen daher die Souveränität der Schweiz in Frage und bedeutet die Preisgabe der direkten Demokratie: «Die EU will für die Schweiz die Gesetze bestimmen, und die Stimmbürger sollen nicht mehr das Sagen haben, wenn die Schweiz das künftige EU-Recht übernehmen muss.» Nach Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen im Mai 2021 habe es die Schweiz verpasst, Brüssel unmissverständlich klar zu machen, dass die schweizerische Demokratie nicht zur Disposition steht. Wie Christoph Blocher am Ende des Interviews erklärt, sieht er im EDA letztlich den falschen Verhandlungsführer mit der EU: «Aber er (Ignazio Cassis) führt ein Departement, das geistig in Brüssel und nicht mehr in der Schweiz ist.» Besser geeignet wären dagegen die SVP-Bundesräte Guy Parmelin oder Albert Rösti, die für die Schweizer Selbstständigkeit einstehen.

Das Volk wird getäuscht

Christoph Blocher wirft dem Bundesrat die Bereitschaft vor, die schweizerische Demokratie für eine «politische Anbindung an die EU zu opfern». Mittels Salamitaktik soll der Vertrag beim Volk durchgeschmuggelt werden: «Denn es wird nicht mehr einen einzigen Rahmenvertrag geben, sondern eine Serie von Verträgen… Darauf muss sich die SVP vorbereiten.»

Bilaterale Regelungen statt Kolonialvertrag

Christoph Blocher analysiert weiter, dass die EU in vielen Bereichen auf den guten Willen der Schweiz angewiesen ist. Ohne die Schweiz funktioniere z. B. der europäische Strommarkt nicht. Diese Bereiche könne man bilateral regeln und es brauche dafür keine institutionelle Anbindung, die grundsätzlich abzulehnen ist. Die Schweiz begibt sich also ohne Not in ein Untertanenverhältnis: «Und wenn wir uns verpflichten, dass in Zukunft die EU die Gesetze für die Schweiz erlässt und der Europäische Gerichtshof endgültig entscheidet, ist die Souveränität preisgegeben. Das ist ein klassischer Kolonialvertrag.» Mit dem Abkommen würde die Schweiz zur Scheindemokratie verkommen. Theoretisch dürfe man zwar noch über EURecht abstimmen, doch bei einem Nein drohten EU-Sanktionen.

Ein Stachel im Fleisch der EU

Doch was ist das Kalkül von Brüssel? Christoph Blocher argumentiert, dass Brüssel weiterhin den Beitritt der Schweiz «durch die Hintertür» erreichen will. Dafür gibt es finanzielle und politische Gründe: «Und die Schweiz wäre in der EU hochwillkommen, als gesunder Staat, der zahlen kann. Das zweite Interesse ist: In Brüssel sieht man es nicht gerne, dass es im Herzen Europas ein von Natur aus armes Land wie die Schweiz gibt, das Erfolg hat, gerade weil es selbstständig ist.»

Rückkehr zu Kontingenten

Zum Stopp der Bevölkerungsexplosion in der Schweiz sammelt die SVP zurzeit für die Nachhaltigkeits-Initiative Unterschriften. Auch Christoph Blocher betont, die Personenfreizügigkeit führe zu «unhaltbaren Zuständen». Dies sei der EU zu erklären. Als Alternative zur Personenfreizügigkeit plädiert Blocher für eine erneute Kontrolle der Zuwanderung – wie sie bereits in der Bundesverfassung steht – und für die Rückkehr zum Kontingentsystem: «Dieses Kontingentsystem funktionierte. Weil man nichts tut, ist die Zuwanderung gepaart mit den Asylmissbräuchen kaum zu bewältigen.»

Selbstständigkeit und demokratische Traditionen

Christoph Blocher ist überzeugt, dass die Schweiz weiterhin die Kraft für die Selbstständigkeit hat: «Die Schweiz ist politisch unabhängig und weltoffen, sie verkehrt mit allen Staaten.» Für die Classe politique und die Verwaltung sei die schweizerische Demokratie aber mühsam, den sie legt ihrem Treiben Schranken auf. Darum würden sie den Weg nach Brüssel suchen: «Es ist für ihre Macht und finanziell verlockend. »

Gute Beziehungen mit der Welt

Statt weiterhin wie die Classe politique einseitig auf die EU zu fokussieren, müsse man den Blick weiten: «Es spricht nichts dagegen, mit allen wichtigen Ländern – neben der EU auch mit USA, Südkorea und südamerikanischen Staaten – Handelsbeziehungen zu unterhalten, wobei die Schweizer Landwirtschaft nicht geopfert werden darf. Sie erfüllt wichtige Aufgaben, wie die Landschaftspflege und eine minimale eigene Lebensmittelversorgung. Deshalb kann sie nicht dem freien Weltmarkt ausgesetzt werden. Sie würde verschwinden.»

über den Autor
Daniel Rickenbacher
SVP (ZH)
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