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Der Konflikt um ESG-Geldanlagen

FINANZMARKT

Von europäischen Medien noch kaum erwähnt, tobt in den USA ein grösserer politischer Konflikt um das sogenannte nachhaltige Investieren. Doch was sind ESG Investments? Auf den Spuren einer Investmentstrategie, die bald auch in der Schweiz für Kontroversen sorgen dürfte.

Die drei Buchstaben «ESG» stehen für «Environmental, Social and Governance » und damit für Kapitalanlagen in Unternehmen, die linken Zielen wie viel Klimaschutz, Diversität und Inklusion verpflichtet sind. Genauso wichtig ist aber, mit dem Stimmrecht der Aktien, die man besitzt, Druck auf das Management praktisch aller Firmen auszuüben. Wer nicht folgt, wird nicht wieder in den Verwaltungsrat gewählt.

Das hört sich vielleicht gar nicht mal so schlecht an. Schliesslich ist keiner von uns gegen Umweltschutz oder gegen Gleichberechtigung oder für Diskriminierung. Aber es gibt dennoch Probleme: Erstens werden so wichtige gesellschaftliche Fragen undemokratisch entschieden. Am Volk und an gewählten Volksvertretern vorbei entscheiden entweder reiche Leute oder nicht gewählte Grossanleger wie die Manager von Pensionskassen über wichtige gesellschaftliche Fragen. Die Mechanismen der direkten Demokratie sind dafür aber viel besser geeignet. Zweitens können ESG-Anlagen finanzielle Performance kosten. Ziel ist ja, dass Kapital für missliebige Firmen knapp und teuer wird. Die Kapitalkosten einer Firma sind aber die Kapitalerträge des Anlegers. Wenn also z.B. Bonds von Ölfirmen eine höhere Rendite abwerfen, weil sie von vielen Anlegern gemieden werden, kann man damit entsprechend mehr verdienen.

Credit Suisse: kurzlebiger Nachhaltigkeitserfolg

Drittens können ESG-Ziele das Management von wichtigeren Aufgaben ablenken. Ein Manager mit vielen Zielen neigt dazu, die leicht zu erreichenden prioritär zu verfolgen. Beispielsweise scheint der Nachhaltigkeitsbericht von Credit Suisse für 2022 eine Erfolgsstory zu sein. Keine Kredite für neue Kohlekraftwerke, dafür Netto- Null, Förderung von Minderheiten, Biodiversität, Inklusion, ESG-Produkte für Kunden, alles scheint wunderbar. Alleine 2022 wurden fünf neue Klimainitiativen lanciert. Mehr als schade ist nur, dass es wohl der letzte Nachhaltigkeitsbericht von Credit Suisse war.

Die Gegenbewegung nimmt Fahrt auf

In den USA gibt es inzwischen immer mehr Kritik an ESG-Investments. Im vierten Quartal 2022 wurden 6,2 Milliarden mehr aus ESG-Investmentfonds abgezogen als einbezahlt. Republikanische Politiker haben eine grössere Gegenoffensive gestartet.

Wichtig ist, dass es bei der Gegenbewegung nicht darum geht, Privatpersonen vorzuschreiben, wie sie ihr eigenes Geld anzulegen haben. Es steht jedem weiterhin frei, sein eigenes Geld ESG-konform anzulegen, wenn er das für richtig hält. Es geht nur darum, wie institutionelle Grossanleger wie z.B. Pensionskassen das Geld Dritter anlegen. In mehreren US-Bundesstaaten sind deshalb 2023 bisher 99 Anti-ESG-Gesetzesinitiativen lanciert worden. Dabei geht es v.a. darum, dass Pensionsfonds von Regierungsangestellten bei ihren Anlageentscheidungen ESG-Kriterien nicht berücksichtigen. Von diesen 99 sind 7 angenommen, 20 abgelehnt oder chancenlos, und 72 noch in Bearbeitung.

Auch auf US-Bundesebene formiert sich Widerstand

Im US-Kongress tut sich ebenfalls einiges. Anfang dieses Jahres hat auf Bundesebene das Repräsentantenhaus dem Ensuring Sound Guidance Act zugestimmt. Dieser republikanische Gesetzesvorschlag wollte allen US-Pensionskassen vorschreiben, ihre Anlageentscheidungen primär aufgrund des Gewinnziels zu treffen. Die Berücksichtigung von ESG-Faktoren wäre weiterhin erlaubt gewesen, aber nur noch als sekundärer Faktor. Erstaunlicherweise hat auch der demokratisch kontrollierte Senat zugestimmt, weil zwei demokratische Senatoren aus konservativen Bundesstaaten sich den Republikanern angeschlossen haben. Joe Biden musste im März das erste und bisher einzige Veto seiner Präsidentschaft einlegen, um das Gesetz zu verhindern. Es war also knapp.

Und bei uns?

In der Schweiz und in Europa gibt es noch keine Debatte über die Nachteile von ESG Investments. Initiativen und Erfolge der US-Republikaner werden in der Presse kaum erwähnt. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum wir Bürgerlichen dieses Thema dem politischen Gegner kampflos überlassen sollten. Packen wir es an! Vielleicht nach US-Vorbild zuerst in einem konservativen Kanton?

 

Autor: York-Peter Meyer Finanzexperte SVP Küsnacht  

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