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Der neue Totalitarismus: Gefahr für Souveränität und Freiheit

Wer immer die Souveränität der Schweiz, die Werte von Freiheit und Demokratie hochhält, muss vor der Expansion totalitärer Regimes auf der Hut sein. Diese sind in die Schranken zu weisen.

Vor 80 Jahren befreiten die Alliierten unter grossen Verlusten Europa vom Nationalsozialismus. Auch die Erleichterung in der Schweiz war gross. Bild: Wikipedia

Am 6. Juni wurde dem D-Day in der Normandie gedacht: Es war das Gedenken an den «Decision Day» vor achtzig Jahren, als hier an der Küste des «Calvados » im Zweiten Weltkrieg die Invasion zur Befreiung von Europa vom Nazi-Totalitarismus Erfolg hatte. Was man heute als selbstverständlich ansieht, stand damals auf der Kippe: Die Invasion kostete allein in den ersten Tagen 8500 alliierten Soldaten das Leben; die Verluste auf deutscher Seite waren noch höher. Im folgenden Monat kamen bei der Schlacht um die Normandie weitere 130 000 Menschen ums Leben, grossenteils auch Zivilisten, denn die Ortschaften im Kriegsgebiet wurden weitgehend zerstört. Bis zum Ende des Krieges, der mit der Eroberung von Berlin endete, sollte es noch knapp ein Jahr gehen mit weiteren horrenden Verlusten und Zerstörungen: Das ist der Preis des Totalitarismus.

Gefährliche Asymmetrie

Und heute scheint sich mit Variationen die Geschichte nach der Invasion in der Ukraine durch das ebenfalls totalitäre Regime im Kreml zu wiederholen. Während im Zweiten Weltkrieg die Armeen der Alliierten mit den USA, England, Frankreich und den Russen den Achsenmächten gegenüberstanden, besteht heute eine gefährliche Asymmetrie. Heute steht die Armee der Ukrainer alleine. Die Unterstützung erfolgt nur indirekt durch Waffen, finanzielle Mittel, Aufbauhilfe und nachrichtendienstliche Aufklärung. Diese Hilfe ist überlebensnotwendig, denn die Ukraine verfügt über weit weniger Ressourcen als der Angreifer. Mit den eigenen Mitteln setzt sich die Ukraine mit grossen Opfern auch für den Westen ein, denn würde erst einmal Aggression und Kriegsverbrechen durch einen Erfolg belohnt, würden die Russen längerfristig auch gegen andere Länder des Westens vorgehen – auch ein direkter Angriff auf die NATO wäre denkbar angesichts der Expansionsgelüste russischer Nationalisten. Dies wäre auch eine grosse Gefahr für die Schweiz, zumal Aussenminister Sergei Lawrow kürzlich in einem Interview verlauten liess: «Die Schweiz hat sich von einem neutralen zu einem offen feindlichen Staat gewandelt.»

Erpressung und Naivität

Man kann sich nur wundern, warum denn die Unterstützung der Ukraine teilweise so gefährlich schleppend verlief. Das kann mit der Asymmetrie zusammenhängen. So droht der Kreml beständig mit dem Einsatz von Atomwaffen, wenn er auf dem Schlachtfeld ins Hintertreffen zu geraten droht. Und da greift die Asymmetrie voll durch: Versprach die nukleare Abschreckung im Kalten Krieg noch ein gewisses Gleichgewicht – wer wollte denn schon die gegenseitige Vernichtung riskieren – so stellt sich nun die Frage des Ungleichgewichtes: Wer ist bereit, für die Ukraine die totale Zerstörung westlicher Städte zu riskieren? Die Drohung mag sich als ein «Bluff» erweisen, doch zur Erpressung leistet sie ihre Dienste. Eine zusätzliche Asymmetrie ergibt sich durch die Abhängigkeit von der Energie. Schon vor gut einem Jahrzehnt habe ich grosses Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich die EU, und insbesondere Deutschland, in eine unsägliche Abhängigkeit von Russland begeben hat. Die Nordstream-Pipeline war der sichtbare Gipfel dieser geostrategischen Naivität. Das dürfte dazu geführt haben, dass die Ukraine nur mit «angezogener Handbremse» unterstützt wurde.

Bürgenstock demaskiert

Der Bürgenstock-Gipfel ist, angesichts der Realitäten, durchaus bemerkenswert. Es war absehbar, dass viele Staatschefs und NGOs nicht kommen und einige die Abschlusserklärung nicht unterzeichnen würden. Sie enthielt viele Punkte, die eigentlich universelle Gültigkeit haben sollten, so wie die Nahrungsmittelsicherheit, die Ächtung der Drohung mit Nuklearwaffen, der Austausch von Kriegsgefangenen und verschleppten Zivilisten. Der Umstand, dass Russland in der Schlusserklärung in die Verantwortung gezogen wurde und nicht dem Narrativ der Propaganda des Kremls gefolgt wurde, gemäss der auch die Ukraine schuld sein soll, angegriffen worden zu sein, dürfte einige Staaten, die ihre guten Beziehungen zu den Regimes in Moskau und Peking pflegen wollen, von einer Unterzeichnung abgehalten haben. Das ist aber vor dem Völkerrecht irrelevant. Der Vorwurf, dass dies auch das Resultat davon sei, dass Russland – das ja ankündigte, nicht teilnehmen zu wollen – nicht eingeladen wurde, ist nur vordergründig von Belang. Wäre Russland dennoch formell eingeladen worden, hätte man diesen Vorwurf zwar entkräftet, wäre aber der Etikette der «Scheinheiligkeit» ausgesetzt worden. Die Schweiz konnte es also von vornherein kaum allen recht machen. Die Aussichtslosigkeit guten Willens beim Aggressor zeigte sich auch daran, dass Russland gemäss der neusten Vorschläge nicht über einen Frieden verhandeln will, sondern bloss über eine Kapitulation der Ukraine. Das zeigt den Ungeist vollends auf.

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