Die Energiestrategie muss hinterfragt werden
In Oberstammheim zeigte der SVP-Kantonsrat und Energiefachmann Paul von Euw an einem sehr gut besuchten SVP-Polit-Dinner auf, dass die angestossene Energiestrategie und deren Ziele dringend hinterfragt werden müssen.

SVP-Kantonsrat Paul von Euw verwies bezüglich des Bewilligungsverfahrens für Windkraftanlagen darauf, dass das Mitbestimmungsrecht der betroffenen Grundeigentümer und Gemeinden vollständig ausgehebelt wird. Bild: RoMü
Vor 14 Jahren hat der Bundesrat nach den Ereignissen in Fukushima den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. In der Zwischenzeit ist mit Mühleberg bereits das erste Atomkraftwerk (AKW) abgestellt worden. Die damalige Energieministerin Doris Leuthard setzte bei diesem Schritt aber grossflächig auf den Zubau von auch umstrittenen Gaskraftwerken. Man ging dazumal davon aus, dass es deren fünf bis sieben bis 2035 braucht, wenn das letzte AKW vom Netz geht. Mit diesen Werken sollten 20 Terawattstunden Strom produziert werden. Hier setzte der Tösstaler SVP-Kantonsrat Paul von Euw in seinem Referat an, weil er im eingeschlagenen Weg der Energiestrategie immer mehr Fragezeichen ausmacht. Er gehört als Energiefachmann der Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt des Kantonsrates an. «Der Weg zum Ziel ist falsch», ist seine Aussage. Aktuell verbraucht die Schweiz 57 Milliarden kW/h elektrische Energie, was einem Verbrauch pro Kopf von 6500 kW/h entspricht. Entsprechend bezeichnete er es als falsch, wenn man immer nur davon spricht, dass ein Haushalt 3500 kW/h benötigt. «Man braucht auch Strom, wenn man nicht zu Hause ist», rief von Euw in Erinnerung. Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern und Wechsel auf Elektromobilität oder das Heizen mit Wärmepumpen benötigen viel zusätzlichen Strom. Ein Drittel der mit Wärmepumpen erzeugten Wärme kommt aus elektrischer Energie.
Mit seiner Meinung ist von Euw bei Weitem nicht allein, indem er auf jüngst gemachte Aussagen der Axpo hinwies. Alpine Solaranlagen seien trotz hoher Subventionen teurer als erwartet. Zugleich werden die Zahlen betreffend die Solarstromanlagen massiv reduziert. Mit Blick auf die geplanten alpinen Anlagen sprach er von einer Anpassung von 10 auf 0,81 Terawattstunden, was auch aus Kreisen der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) als realistisch bezeichnet wird.
Netzausbau und Speicherung
Doch auch der massive Ausbau von Photovoltaikanlagen schafft nun neue Probleme im Sommer. Einerseits verlangt dies einen intensiven Netzausbau, was die Kosten für den Netzbetrieb von heute vier auf neun Milliarden Franken pro Jahr ansteigen lässt. Das grosse Problem besteht in der Stromspeicherung im Sommer für den Winter. Dies ist nur mit enormen Investitionen möglich, wie von Euw aufzeigte. Um 20 Terawattstunden Strom vom Sommer für den Winter aufzubewahren, bräuchte es 800 Pumpspeicherkraftwerke analog von Nant de Drance, welches 2,1 Milliarden Franken gekostet hat. Die Kosten für die Batteriespeicherung bezifferte er mit 5100 Milliarden und jene für Wasserstoff auf 20 bis 86 Milliarden Franken. «Zum Vergleich kostete das Kernkraftwerk Flamaville in Frankreich 18 Milliarden Franken und für den Rückbau und die Entsorgung müssen weitere 10 Milliarden Franken aufgewendet werden», sagte von Euw.
Bezüglich der aktuell auch im Weinland sehr intensiv diskutierten Nutzung der Windkraft blickte von Euw in die Vergangenheit: «Unsere Vorfahren haben im Gegensatz zu Holland nie die Wind-,sondern die Wasserkraft für den Antrieb von Mühlen oder Sägen genutzt. Dies sagt einiges über das vorhandene Windpotenzial aus.» Denn auf dem Stammerberg hat die Baudirektion mit Regierungsrat Martin Neukom ein grosses Potenzialgebiet für Windkraft mit bis zu acht 220 Meter hohen Windkraftanlagen ausgemacht. Doch diese Frage beschäftigt mehr das Land als die Stadtbevölkerung, wo sich kaum jemand dafür interessiert.
Mangellage im Kanton Zürich droht
Um eine Mangellage im Kanton Zürich abzuwenden, will der Regierungsratg emäss von Euw eine Pflicht für Solardächer einführen und im kantonalen Richtplan kurzfristig 20 und mittelfristig 35 Windpotenzialgebiete aufnehmen. Zusätzlich ist eine Abgabe auf dem Strompreis vorgesehen, um nach Speicherlösungen zu forschen. Als komplett falsch bezeichnet von Euw den jüngsten Kantonsratsbeschluss, «Netto Null» bis 2040 umzusetzen. Im abschliessenden Fazit sprach von Euw davon, dass die eingeschlagene Strategie der falsche Weg, zu teuer und unrealistisch sei. Zugleich sprach er von überforderten und uneinigen Fachleuten und von Politikern, welche die Auswirkungen nicht abschätzen könnten. «Die Gefahr von zu wenig Strom im Kanton Zürich steigt rapide», so seine besorgte Prognose.
Von Euw verwies auch auf Aussagen der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ), dass es zusätzliche Gaskraftwerke brauche, um die kommenden Stromlücken, insbesondere bei Dunkelflauten, zu füllen. Die Option Kernenergie benötige hingegen längere Planungs- und Bauzeiten, sodass eine rasche Lösung nicht realistisch sei.