Die Mühe der Linken mit Recht und Gerechtigkeit
Wohl unbeabsichtigt, dafür aber erfrischend offen und ehrlich gewährte der Tages-Anzeiger kürzlich einen Einblick in die verquere Gedankenwelt der Linken, in der das klare, strukturierte Denken längst dem subjektiven Empfinden, das man üblicherweise „Gefühl“ nennt, gewichen ist.
Begriffe und deren Auslegung
Wie immer zum 1. August feuerte der Tages-Anzeiger auch dieses Jahr eine Breitseite gegen alles Patriotische ab. Immerhin wählte man für einmal einen interessanten Ansatz. Man analysierte die Schweizer Nationalhymne und verglich sie mit derjenigen anderer Länder. Was erstere angeht, vermag das Urteil der Genossen von der Werdtstrasse nicht weiter zu überraschen: Es sei eine „Lobhudelei aus längst vergangenen Zeiten“.
Es folgt eine Statistik über die Häufigkeit der in den vereinigten Hymnentexten verwendeten Wörter. Diese lasse „tief blicken“, stellt ein nachdenklicher Qualitätsjournalist fest. – „Hoffentlich!“, wird jeder Patriot einwenden. Die unter den „Top Ten“ am häufigsten anzutreffenden Begriffe sind „Land“, „Gott“, „Freiheit“, „Vaterland“, „Heimat“, „Volk“ und „Nation“. Dieses Resultat muss auf der Tages-Anzeiger-Redaktion wie eine Bombe eingeschlagen haben. Ja, man möchte aus Sorge ein Care-Team vorbeischicken.
Tarnung einer zerstörerischen Botschaft
Wozu braucht es denn überhaupt eine Nationalhymne, wenn darin nicht genau jene Dinge besungen werden dürfen, die einen Staat erst ausmachen, sein Volk, sein Gebiet und der Wille als Einheit auf der Basis des Rechts zusammenzuleben? Nur wer mit offenen Grenzen das Staatsgebiet, mit Massenzuwanderung und -einbürgerungen das Staatsvolk und mit der bedingungslosen Unterwerfung unter eine Rechtsmaterie, die euphemistisch „Völkerrecht“ genannt wird, die Souveränität zersetzen und zerstören will, kann das anders sehen. Das sagen die Linken, die solche subversiven Ziele verfolgen, natürlich nicht offen. Sie tarnen ihre Botschaft mit schönen Begriffen, wie mit Zuckerguss. Sozialismus war schon immer ein süsses, verführerisches Gift.
Mit spürbarem Schmerz stellt der Autor des Artikels fest, dass man in seiner Rangliste lange suchen müsse, um bei Begriffen wie „Gerechtigkeit“ oder „Brüderlichkeit“ zu landen. – Da ist er wieder, dieser Drang der Linken, Gerechtigkeit zu schaffen, ja zum Preis neuer Ungerechtigkeit zu erzwingen. Sie verdrängen dabei, dass Gerechtigkeit etwas sehr Subjektives ist, und sich der Staat darum an das objektive Recht zu halten hat. Das Recht ist Ausdruck des Strebens nach Gerechtigkeit, der Versuch, Gerechtigkeit zu schaffen. Aber Recht ist nicht synonym mit Gerechtigkeit. Die beiden Begriffe sind klar auseinanderzuhalten. Bereits in der griechischen Antike, aber vor allem in den Schriften Ciceros und jenen des römischen Kaisers Justinian heisst es, die Aufgabe des Rechts sei es, jedem das Seine zuzuteilen.
Nicht jede Ungleichheit ist ungerecht
Die linke Terminologie ist ebenso gefährlich, wie verfänglich. Man muss schon klar denken können, um zu erkennen, welches verkrüppelte Weltbild hinter Begriffen wie „soziale Gerechtigkeit“ steckt. Wer ist schon gerne ungerecht? Aber ist jede Ungleichheit auch ungerecht? Nein. Es ist sogar sehr gerecht, wenn derjenige, der mehr arbeitet, mehr verdient. Es ist auch gerecht, wenn A mehr hat als B – solange A rechtmässig zu seinem Vermögen gekommen ist, es also weder gestohlen noch durch Betrug erlangt hat.
Sozialismus ist Gewalt
Das Ideal von Gerechtigkeit und Brüderlichkeit, von der die Sozialisten aller Herren Länder träumen, lässt sich nur mit Gewalt – also mit Ungerechtigkeit – erzwingen. Gewalt gehört zum Sozialismus, ist fester Bestandteil. Ja, Sozialismus ist Gewalt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wer eine Leistung erbringt, will von den Früchten profitieren. Er will seine Eigentumsrechte gegenüber Dritten durchsetzen können, und wird sich gegen jede Störung wehren. Und ein Staat, der Gerechtigkeit im Sinne der Linken schaffen will, muss zwangsläufig Gewalt anwenden.
Natürlich ist nicht jeder Sozialist oder gar jeder Sozialdemokrat ein gewalttätiger Mensch. Aber, dass Sozialisten, wenn sie über die entsprechenden Machtmittel verfügen, jedes Mittel recht ist, allfälligen Widerstand zu brechen, haben sie in der Geschichte zur Genüge bewiesen.
Claudio Zanetti, Nationalrat, Gossau ZH