Ein Gespenst geht um – das Gespenst des Richterstaats
Im In- und Ausland ist eine beunruhigende Tendenz zu beobachten: Immer häufiger werden politische Entscheide von Gerichten gefällt, und immer offener treiben Richter Politik.

Angriff auf die Demokratie: Richter agieren zunehmend als Gesetzgeber. Bild: Tim Reckmann (Flickr.com)
Wir bewegen uns zunehmend zum Richterstaat hin. Selbst ein behaupteter Notstand reicht mittlerweile, um so wichtige Rechte wie die Wirtschafts- und Eigentumsfreiheit ausser Kraft zu setzen.
Richter kassieren Volksentscheid
Nun hat diese Entwicklung auch unser beschauliches Illnau-Effretikon erreicht. Ein Gericht kassierte einen Volksentscheid. Was ist passiert? Seit über 12 Jahren wird darum gerungen, ob anstelle der heruntergewirtschafteten Liegenschaft Usterstrasse 23 ein Dorfplatz mit Mehrwert für die Bevölkerung entstehen soll. Nach langem Hin und Her forderten endlich 600 Stimmberechtigte mittels Volksinitiative einen Entscheid. Dieser erging im November 2020. 55,3 % der Stimmberechtigten sprachen sich für die Realisierung eines Dorfplatzes aus. Das erwähnte Gebäude sei deshalb aus dem Inventar schützenswerter Objekte zu entlassen. Und, als bräuchte es eine Bekräftigung des Volkswillens, wurde auch der Gegenvorschlag, der eine Renovierung des Objekts zum Ziel hatte, verworfen. In der Folge sprach sich auch unser Stadtparlament für den Abbruch aus.
Seltsame Begründung
Damit wollte sich der Zürcher Heimatschutz (ZVH) nicht abfinden. Dieser Verein, der kein Problem mit der Verschandelung unserer schönen Landschaft mit Windrädern hat, legte Rekurs ein. Mit Erfolg! Mehrheitlich linksgrüne Richter des Verwaltungsgerichts stimmten im Sinne des linksgrünen NGO. Was für eine Überraschung! Aufhorchen lässt allerdings die Begründung: Erstens sei die Bevölkerung gar nicht zuständig und zweitens sei der Volksentscheid nicht klar genug ausgefallen. Hatten wir nicht in unserer grossen Nachbargemeinde Winterthur schon Wahlen, bei der eine einzige Stimme den Ausschlag gab?
Wer ist der Souverän?
Offenbar ist den Haltungsrichtern der innere Widerspruch in ihrem Urteil nicht aufgefallen. Warum äussern sie sich überhaupt zum Verhältnis von Jaund Nein-Stimmen? Sollte der Entscheid, wie sie behaupten, tatsächlich nicht in die Kompetenz der Stimmberechtigten fallen, ist das Resultat vollkommen unerheblich. Allerdings hätte dann bereits die Zulässigkeit der Volksinitiative bestritten und vom Bezirksrat festgestellt werden müssen. Die Angelegenheit wird nun durch die Instanzen ziehen, und so stellt sich die Frage, wie souverän der Souverän tatsächlich ist, wenn Richter jeweils das letzte Wort haben.