Eine Initiative, die uns allen schadet
Nichts spricht dagegen, dass sich unsere Unternehmen im Ausland korrekt verhalten sollen. Aber vieles spricht dagegen, dass wir sie mit Klagedrohungen mürbe machen lassen und unsere Rechtsprechung wie ein Kolonialstaat ins Ausland ausdehnen.
Wer diese Haltung vertritt, kann die Unternehmensverantwortungsinitiative am 29. November bedenkenlos ablehnen.
Dann tritt nämlich automatisch der Gegenvorschlag in Kraft, und dieser verpflichtet die Unternehmen bereits zu korrektem Handeln.
Die Initiative hingegen ist keineswegs so harmlos, wie sie die Initianten nun aus durchsichtigen Gründen darstellen und wie der grosse Kreis an Unterstützern bis hin zu den Kirchen vermuten liesse.
Die Konkurrenten lauern
Eine Tatsache ist es, dass unsere Schweizer Wirtschaft sehr stark international verflochten ist. Wir exportieren viel und wir importieren viel. Darauf baut unser Wohlstand auf, gerade auch im Kanton Zürich. Wir haben überdurchschnittlich viele international ausgerichtete Unternehmen, aber auch unzählige KMU, die eine wichtige Zulieferfunktion wahrnehmen. Mit unserem ausgewogenen politischen Klima, mit unserer Verlässlichkeit, mit unserem liberalen Wirtschaftsklima und unserem hochstehenden Bildungssystem sind wir erfolgreich und spielen im globalen Wettbewerb eine wichtige Rolle, obwohl wir nur ein Kleinstaat sind.
Dieser Erfolg hat Neider, weltweit. Viele Regierungen und Länder warten nur darauf, dass sie uns, dem reichen Kleinstaat, das Wasser abgraben können, auch europäische wie zum Beispiel die Niederlande, die mit einer Tiefsteuerpolitik auch auf Zürcher Unternehmen direkt zugehen und sie abzuwerben versuchen. In dieser Situation und mit der Corona-Krise im Nacken wäre es eine Dummheit, wenn wir uns selber schaden und schwächen würden.
Klagen als Erpressungsmittel
Wir würden so nämlich genau denjenigen Ast absägen, auf dem wir sitzen. Denn ein Ja würde bedeuten, dass unsere Unternehmen im globalen Wettbewerb anders als ihre Mitbewerber ständig mit Klagen rechnen müssten.
Nur wer naiv ist, erwartet nicht, dass gewisse Hilfswerke hier ein neues Betätigungs- und Finanzierungsfeld aufbauen würden.
Machen wir uns keine Illusionen: Solche Klagen gäbe es zu Hauf.
Egal ob berechtigt oder nicht – sie würden schaden, den Unternehmen, aber auch uns allen.
Weil sie zum Abbau von Arbeitsplätzen und zum Ausfall von Steuererträgen der öffentlichen Hand führen könnten.
Denn auch eine gerichtlich abgelehnte Klage bindet Ressourcen, kostet und verunsichert.
Unpassende Kolonialherren-Allüren
Ganz abgesehen davon ist es äusserst fragwürdig, wenn sich ausgerechnet die neutrale Schweiz zu einem globalen Richter aufschwingen würde. Das würden wir von anderen Ländern auch nicht akzeptieren und wäre ein Rückschritt in die Epoche des Kolonialismus, bei dem die Schweiz mit guten Gründen nie eine aktive Rolle gespielt hat.
Deshalb gibt es am 29. November für mich gerade auch mit Blick auf den global stark vernetzten Kanton Zürich nur eines:
Ein NEIN zu dieser wirtschaftsfeindlichen Initiative.
Autor: Regierungsrat Ernst Stocker Finanzdirektor des Kantons Zürich
Der Tsunami mit Rechtsklagen ist bei einer Annahme der KVI so sicher wie das Amen in der Kirche. Bild: Pixabay