EU-Parlament wird etwas nationaler
Die Wahlen ins EU-Parlament haben zu einer Stärkung der nationalen Lager geführt. Es wird wieder vermehrt vom «Europa der Nationen» gesprochen. Aber bewirken werden diese Wahlen gar nichts. EU-Kommissarin von der Leyen wird wohl bleiben. Damit auch die mit ihrer Person verbundene Korruption.

Marine Le Pen, langjährige Vorsitzende der Rassemblement National, gilt als grosse Siegerin der Europawahlen. Bild. Wikipedia
Die in allen EU-Ländern gleichzeitig stattfindenden Wahlen haben gewisse, überraschende Resultate gezeigt. Sie können in den einzelnen Ländern durchaus grössere Folgen haben als auf EU-Ebene. So etwa in Frankreich: Dort hat die Rechtsaussenpartei Redressement National die EU-Wahlen klar gewonnen. Die Partei von Präsident Macron landete hingegen nur auf dem zweiten Platz – mit sehr deutlichem Abstand.
Macron handelt – Scholz zögert
Macron reagiert sofort, löst die Nationalversammlung auf. In vier Wochen wird gewählt. In Deutschland verlieren die regierenden Ampelparteien ebenfalls dramatisch. Die CDU sahnt im Westen, die rechte AfD im Osten ab. Eine sogenannte «Kanzlermehrheit» hat die Ampel nirgends mehr. Der Kanzler jedoch will keine Konsequenzen aus der Wahlschlappe ziehen.
Migration entscheidet
Wahlen Im vergangenen Herbst gewann die SVP die eidgenössischen Wahlen wegen des Themas Migration. Die fehlende harte Linie bei der Zuwanderung hat nun auch die EU-Wahlen entschieden. In Frankreich, Österreich, Italien und Ungarn liegen die Rechtsparteien klar an der Spitze. In Deutschland und anderswo erzielten Rechtsparteien gute Resultate.
Kaum Änderungen im Parlament
Die EU-Parlamentarier sind zwar vom Volk gewählt, dürfen aber nicht einmal eigene Gesetze einbringen. Dafür wird jeder Einzelne der 720 Abgeordneten fürstlich bezahlt. Und die Tagungsorte werden weiterhin Brüssel und Strassburg sein. Bislang kann nur die EU-Kommission Initiativen für Gesetze ergreifen. Das Parlament, also die eigentliche Legislative, darf das nicht. Das ist eine der grundlegenden Fehlkonstruktionen der EU. Und Bürokratie, Mittelvergeudung, Leerlauf und gar Grössenwahn werden in diesem Riesenparlament auch nicht kleiner. Die Europäische Kommission ist kein parlamentarisches Gremium. Sie besteht aus 28 Leuten, die nach politischen Gesichtspunkten ernannt wurden. Die Möglichkeiten des EU-Parlaments werden meistens viel zu positiv dargestellt. Alleinige und abschliessende Gesetzgebungskompetenzen hat es jedenfalls nicht. Der Ministerrat kaut alles vor. Die politische Mitte behält im EU-Parlament die Mehrheit. Im Mittelpunkt steht nun die Frage: Wer wird in Zukunft die EU-Kommission führen, die eine Art Regierung der Europäischen Union ist? Amtsinhaberin Ursula von der Leyen oder doch jemand ganz anderes? Jetzt geht das grosse Tauziehen los. Die Chancen stehen wohl nicht schlecht für von der Leyen. Der deutsche SPD-Kanzler Olaf Scholz hat ihr bereits Zustimmung signalisiert.
Ein Hauen und Stechen
Insgesamt hat bei den EU-Parteien ein Hauen und Stechen begonnen. Man will sich mit ausgeklügelten Fraktionszusammensetzungen die besten Futtertöpfe sichern. Und die Neuwahlen in Frankreich machen das Ganze noch unsicherer. Dort hat der Präsident der Republikaner – der Partei der früheren bürgerlichen Präsidenten Sarkozy und Chirac – erstmals Rechtsaussen Marine Le Pen eine Zusammenarbeit angeboten. Die deutsche CDU schreit dabei auf. Aber vielleicht muss sie das schlucken, will sie ihre durch Korruptionsskandale geschwächte Kommissarin von der Leyen nochmals durchbringen. Es sind interessante Zeiten für die auseinanderdriftende EU. Sie zeigt mit ihren demokratiefeindlichen Mechanismen täglich, dass ein EU-Beitritt für die Schweiz nicht interessant ist. Aber die EU wirbt um die Schweiz. Nettozahler werden dringend gebraucht.