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EU-Rahmenvertrag: Mehr oder weniger Konflikte mit der EU?

Das Hauptargument der Befürworter des EU-Pakets (Rahmenvertrag 2.0) ist, dass es die Beziehungen zur EU verbessern würde. Tatsächlich könnten sie jedoch noch schlechter werden. Dieser Artikel erklärt diesen scheinbaren Widerspruch.

Direkte Demokratie und Rechtsübernahme? Konflikte sind vorprogammiert. Bild: Adobe Stock

Das neue Rahmenabkommen sieht vor, dass die Schweiz EU-Recht übernehmen muss. Die Rechtsübernahme ist Pflicht, aber sie geschieht nicht automatisch. Die Schweiz muss nach Inkrafttreten des Abkommens ihre Gesetze an EURecht anpassen. Dazu bleiben die bisherigen Mechanismen bestehen. Es sind also weiterhin Mehrheiten in Parlamenten und bei Volksabstimmungen erforderlich.

Rechtsübernahme obligatorisch, aber nicht immer realistisch

Es ist jedoch absehbar, dass diese Mehrheiten nicht immer und überall zustande kommen können, geht es doch auch um sehr heikle Themen. Unter anderem muss die Landwirtschaftspolitik gründlich umgestaltet werden. Die SBB wird das Schweizer Schienennetz für ausländische Konkurrenten öffnen müssen, obwohl dafür praktisch keine Kapazität verfügbar ist. Die Kantonalbanken werden die Staatsgarantie verlieren. Diese Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen. Sie betrifft auch zukünftige Bestimmungen, die die EU noch gar nicht beschlossen hat. Dieser Mechanismus ist als dynamische Rechtsübernahme bekannt. Es wäre ein Wunder, wenn Volk und Parlamente immer alle EU-Massnahmen genehmigen würden.

Konflikt, wenn keine Rechtsübernahme

Sobald eine EU-Vorschrift abgelehnt wird, beginnt natürlich ein Konflikt mit der EU. Gegner des Rahmenvertrages können diesen Konflikt nach Belieben anheizen, wenn sie durchsetzen, dass Bestimmungen nicht übernommen werden. Für Konflikte ist ein kompliziertes Verfahren vorgesehen. Zuerst wird die Streitfrage einem gemischten Ausschuss Schweiz–EU vorgelegt. Wenn dort keine politische Einigung erzielt wird, dann wird ein Schiedsgericht einberufen. Für einen Fall zum EU-Recht gelangt dieses an den Europäischen Gerichtshof. Das ist alles ziemlich kompliziert, aber nicht wirksam. Wenn das Stimmvolk in einem Referendum ein von der EU vorgeschriebenes Gesetz abgelehnt hat, gilt dieses Gesetz nun einmal nicht. Ausschuss, Schiedsgericht und EU-Gerichtshof hin oder her. Es ist also absehbar, dass die EU dann Strafmassnahmen ergreifen wird oder sogar ergreifen muss, schadet es ihr doch sehr, wenn Mitgliedsländer sehen, dass die Schweiz sich offen weigern kann, ihre Bestimmungen zu übernehmen. Sie könnten ja anfangen, das nachzuahmen.

Strafmassnahmen der EU

Es zeichnet sich ab, dass mit dem neuen Rahmenvertrag auch sogenannte «sachfremde Kompensationen» erlaubt werden. Das würde der EU erlauben, Sanktionen in ganz anderen Bereichen als demjenigen des Konflikts zu ergreifen. Also beispielsweise Strafzölle auf Schweizer Exporte, falls die Schweiz die Personenfreizügigkeit nicht konsequent genug umgesetzt hat. Je mehr Streit es gibt, desto schärfer dürften diese «Kompensationen» ausfallen. Die EU kann auch neues Recht festlegen, das das Ziel hat, einer ungehorsamen Schweiz zu schaden. Ungarn und Polen kennen das Problem. Diese beiden können beziehungsweise konnten sich allerdings dagegen wehren, indem sie Entscheidungsmechanismen innerhalb der EU blockiert haben. Das wird die Schweiz als Nichtmitglied nicht können.

Rechtsübernahme ist mit direkter Demokratie nicht vereinbar

Es überrascht nicht, dass es in keinem Land der EU regelmässig Volksabstimmungen gibt. Schon gar nicht für die Übernahme von EU-Recht. Denn dann gäbe es immer wieder Fälle, wo ein Volk sich weigern würde, EU-Recht zu übernehmen. Schliesslich ist nicht jede EU-Bestimmung sinnvoll und im Interesse jedes Landes. Auch mit der Schweiz sind Konflikte also vorprogrammiert. Die Verpflichtung zur Übernahme von EU-Recht und direkte Demokratie passen nicht zusammen. Die Schweiz wird sich entscheiden müssen.

über den Autor
York-Peter Meyer
SVP (ZH)
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