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Fachkräftemangel ist nicht flächendeckend vorhanden

In den Medien wird immer wieder davon berichtet, wie schwierig es für Unternehmen sei, an Fachkräfte zu kommen. Finden Arbeitgeber wirklich keine qualifizierten Mitarbeiter oder bemühen sie sich einfach nicht genug?

Fachkräftemangel? Arbeitnehmer ab 50 werden bei der Stellensuche oft nur ungenügend berücksichtigt. (Bild: Adobe Stock)

Gemäss einem kürzlich publizierten Artikel im Tages-Anzeiger erreichte der Fachkräftemangel 2023 einen neuen Rekordwert. Die Lage sei so «ernst wie nie», resümiert der Bericht. Seit mehreren Jahren wird in den Medien vom Fachkräftemangel berichtet und Unternehmen beklagen sich, wie schwierig es sei, an geeignetes Personal zu kommen.

Ist der Fachkräftemangel real?

Allerdings können den Medien in jüngster Zeit vermehrt auch Berichte entnommen werden, welche die einseitig wiederholte Botschaft vom Fachkräftemangel hinterfragen und vom Arbeitsmarkt ein anderes Bild vermitteln. So scheint es gemäss einem Artikel der NZZ am Sonntag neben dem unversehrten Arbeitsmarkt mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von 2 Prozent eine Parallelwelt zu geben, in der immer mehr Menschen von einer Odyssee des erfolglosen Bewerbens berichten. Dies, obwohl diese Personen über langjährige Berufserfahrungen, gute Qualifikationen und Leistungswillen verfügen.

Nachfrage übersteigt Stellenangebote

Gemäss meiner Erfahrung kann in der Schweiz nicht von einem flächendeckenden Fachkräftemangel gesprochen werden. Insbesondere in der Finanzbranche, wo auch ich arbeitstätig bin, werden Stellen innerhalb kurzer Zeit besetzt. Die Nachfrage von qualifiziertem Personal übersteigt das Stellenangebot deutlich. Diese Tatsache wird durch die unkontrollierte Zuwanderung noch verstärkt, was zu einem aus meiner Sicht problematischen Konkurrenzkampf unter den Stellensuchenden führt.

Stark branchenabhängig

Natürlich gibt es Branchen, welche mehr Mühe haben, an Personal zu kommen. Dazu gehört beispielsweise das Gesundheitswesen. Allerdings scheint diese Problematik aus meiner Sicht vor allem selbstverschuldet, da motivierten, einheimischen Personen mittels «Numerus clausus» oftmals die Möglichkeit, Medizin zu studieren, verwehrt wird und auch die prekären Arbeitsbedingungen auf das Gesundheitspersonal nicht einladend wirken, in diesem Berufsfeld langfristig tätig zu sein. Auch andere Branchen, wie das Gastrogewerbe, sind tendenziell eher von einer höheren Fluktuationsquote betroffen. Somit scheint die Ursache für die Besetzungsschwierigkeiten einer Stelle in gewissem Grad bei den Unternehmen selbst und nicht bei den Fachkräften zu liegen. Denn Erstere schaffen es offenbar nicht, ihr Personal langfristig zu halten.

KI wirkt nachteilig

Aber auch beim Rekrutierungsprozess sehe ich das Problem eher bei den Unternehmen selber als bei den Stellensuchenden. Es kommt immer wieder vor, dass gut geeignete Bewerberinnen und Bewerber im Selektionsprozess durch standardisierte Algorithmen fälschlicherweise automatisch aussortiert werden, weil die gewünschten Schlagworte im Lebenslauf nicht genannt wurden. Die Digitalisierung, v.a. der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), scheint im Bewerbungsprozess somit schwerwiegene Nachteile zu haben.

Fokus auf inländischem Personal

Aus meiner Sicht hätten Unternehmen viele Möglichkeiten, um an gute Fachkräfte zu kommen. Der Fokus sollte dabei primär auf einheimischem Personal liegen. Dabei ist es wichtig, dass ältere Mitarbeiter ab 50 Jahren wieder vermehrt eingestellt werden. Um vermehrt Personal auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, sollte das Teilzeitmodell ausgebaut werden. Stellensuchenden und Quereinsteigern, welche den fachlichen Anforderungskriterien nicht zu 100 Prozent entsprechen, aber über Leistungswillen und gute soziale Kompetenzen verfügen, sollte öfters die Chance auf eine Anstellung gegeben werden. Unternehmen müssten wieder vermehrt nachhaltig in ihre Mitarbeiter investieren und ein wertschätzendes, respektvolles Arbeitsklima schaffen, damit jene langfristig im Betrieb verbleiben. Zudem ist es von Vorteil, die Lohnmodelle regelmässig kritisch zu hinterfragen, damit gut qualifiziertes Personal nicht aus monetären Gründen zur Konkurrenz abwandert. Anstatt über den Fachkräftemangel zu klagen, sollten Unternehmen ihre eigenen Möglichkeiten besser ausschöpfen, um an qualifizierte Mitarbeiter zu kommen und sich täglich dafür einsetzen, dass jene langfristig im Betrieb bleiben. Wege und Mittel scheinen genug vorhanden zu sein.

über den Autor
Tiziana Meier
SVP (ZH)
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