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Irreführende Politikbegriffe

In Zeiten der politischen Korrektheit haben irreführende Politbegriffe Konjunktur. In seinem neuen Buch analysiert Olivier Kessler 64 politische Kampfbegriffe.

Jean Ziegler (Quelle: Wikipedia)

Es bestehen massive Diskrepanzen zwischen der Realität und der politischen Erzählung. So wie das der Anwalt Carlos A. Gebauer im Vorwort des neuen Buches von Olivier Kessler deutlich macht, bedürfen die politischen «Wortnebelfelder » dringend einer intensiven Belüftung. Olivier Kessler, Direktor des in Zürich ansässigen Liberalen Instituts, analysiert sehr sprachkundig 64 irreführende politische Begriffe und Sprachregelungen. Der Autor sieht darin einen «Hexenkessel der polarisierten, oft manipulierten und zuweilen auch gehässigen öffentlichen Debatten». In seinen kundigen Analysen nimmt Kessler viele dieser Manipulationstechniken und geheimen Sprachregelungen auseinander. Er will aufklären. Wenn die Sprachtricks beim Publikum ins Bewusstsein dringen, verlieren sie deutlich an Wirkung. Für die meisten seiner Artikel nimmt Kessler die klassische ordoliberale Haltung ein, die man unter dem Motto «Mehr Freiheit – weniger Staat» zusammenfassen kann. Er hat nichts am Hut mit irgendwelchen Woke-Liberalismen. Das ist ihm hoch anzurechnen, denn der liberale Zeitgeist ist leider in vielerlei Hinsicht falsch (links) abgebogen.

Was bedeutet Solidarität?

Herrlich ist beispielweise wie Kessler das Wort «Solidarität» auseinandernimmt. Der Umverteilungsstaat wird als Garant für die Solidarität aufgebauscht. Es kommt zur politisch verordneter «Hilfe am Nächsten». Diese «unechte» Solidarität des Wohlfahrtstaates führt zu Auflösung des natürlichen Mitgefühls gegenüber anderen Menschen. Faktisch finde ein «Outsourcing» der persönlichen Verantwortung statt, meint Kessler. Das politische Schachbrett der 64 irreführenden Politikbegriffe hat viele bekannte Vokabeln, neben Solidarität zum Beispiel Freiheit, soziale Gerechtigkeit oder Sicherheit. Dann aber auch wirtschaftliche Begriffe wie Lohndumping Harmonisierung, Steuergerechtigkeit und Sozialabbau. Schliesslich werden auch politische Schmähbegriffe wie Leugner oder Verschwörungstheoretiker behandelt. Das Buch eignet sich auch hervorragend als Nachschlagewerk für bürgerliche politisch Interessierte. Es wird erkennbar, wie wegweisende Debatten vergiftet sind durch geschickte sprachliche Tricks. Dem gilt es, entgegenzutreten.

Ist «liberal» inzwischen ein toxischer Begriff?

Ein Kritikpunkt an Olivier Kesslers Argumentation ist die weitestgehend immer positive Gebrauch des Wortes «liberal». Da könnte man lange darüber diskutieren. Jeder Grüne, ja viele Sozialisten bezeichnen sich heute als liberal. Das gibt Kessler selbst zu. Liberal wird damit fast zu einem «toxischen» Begriff, weil Grüne und Sozialisten meistens zu den Feinden der «offenen Gesellschaft » zählen. Und die deutsche FDP mit Ihrer Beteiligung an der «Hampelregierung » macht definitiv klar, dass der Begriff «liberal» auch in Europa nicht mehr positiv gedeutet werden kann. Wenn Kessler kritisiert, dass Brexit-Befürworter als «Europa-Feinde» bezeichnet wurden, hat er recht. Er vergisst aber, dass exakt die britischen Liberaldemokraten die extremsten Brexit-Gegner waren. Die SVP würde die meisten Thesen Kesslers wohl kräftig unterstützen. Aber eher unter dem Begriff «freiheitlich » als «liberal». Diese grundsätzliche begriffliche Kritik tut aber der Feststellung, dass Kessler ein brillantes Buch geschrieben hat, keinerlei Abbruch. Kessler, Olivier. 64 irreführende Politikbegriffe. Was Sie trotz Nebelpetarden den Durchblick behalten. Zürich; Liberales Institut, 2023. Preis: 24 Franken.

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Reinhard Ulrich Wegelin
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