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Lieber Herr Regierungsrat, wir lassen uns nicht einschüchtern – Eine Replik Teil 1

Das Interview von Regierungsrat Martin Neukom im Tages-Anzeiger ruft nach einer Erwiderung. Seine Aussagen sind technisch und faktisch fehlerhaft und staatspolitisch bedenklich, weil Gemeinderechte ausgehebelt werden sollen.

Die Mindestabstandsregelung bewegt- auch das Staatsfernsehen. (Quelle: SRF.ch)

Letzten Freitag gab der Grüne Baudirektor dem Tages-Anzeiger ein ausführliches Interview, in dem er den zahlreichen kommunalen Initiativen, die einen Mindestabstand der geplanten, gigantischen Windräder von Wohnbauten verlangen, eine Absage erteilte: «Solche Vorschriften würden das Ende der Windkraft in Zürich bedeuten.»

Ein unüberlegter Schnellschuss

Schon allein der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Interviews zeigte die Geringschätzung des ‘Magistraten’ gegenüber den Gemeinden – und damit vor allem der von seinen Ideen betroffenen Landbevölkerung. Denn kurz bevor Neukom sich im Interview ausbreiten konnte, musste sein Amt für Raumentwicklung in aller Eile ein Rundschreiben per Mail an alle Gemeindepräsidenten und Gemeindeschreiber senden, um seinen Alleingang nicht in zu klar undemokratischem Licht erscheinen zu lassen. In dieser E-Mail steht in der Einleitung:

Der Baudirektor wird sich dazu in einem in Kürze erscheinenden Interview im Tagesanzeiger äussern. Im Sinne einer Vorabinformation lassen wir Ihnen deshalb hiermit unsere Beurteilung zukommen. Aufgrund der Kurzfristigkeit der Information erhalten Sie diese ausnahmsweise per E-Mail.

Das heisst nichts anderes, als dass Neukom selbst nicht daran dachte, zuerst die Gemeindeverantwortlichen zu informieren – und von seinen Beamten vom Fauxpas gerettet werden muss, dass die Gemeinden erst aus den Medien erfahren, dass sein Amt die Mitsprache der Gemeinden beschneiden möchte.

Neukom glaubt, mit seinen Juristen einen Weg gefunden zu haben, um die demokratischen Entscheide der Gemeindeversammlungen umstossen zu können. Da täuscht er sich wohl. Der Baudirektor scheint nervös geworden zu sein, weil in immer mehr Gemeinden Widerstand gegen seine Windpläne erwächst. In Hagenbuch wurde ein Mindestabstand von 1000 Meter mit 80 % angenommen, in weiteren Gemeinden sind solche Einzelinitiativen eingereicht oder angekündigt. Es ging hier wohl um einen Schuss vor den Bug. Willfährig ‘schenkte’ ihm der Tages-Anzeiger daraufhin ein ganzseitiges Interview mit schönem Föteli.

Rechtliche Fragen

Entgegen der Aussage unseres Baudirektors ist die Abstandsregelung keine Kompetenzüberschreitung der Gemeinde Hagenbuch. Denn im Bundesgerichtsurteil zum Fall Tramelan steht Folgendes in der Begründung:

«Soweit die Errichtung solcher Anlagen jedoch keiner bundesrechtlichen Verpflichtung entspricht (vgl. a contrario beim Mobilfunk ATF 01 II 141 Erwägungsgrund 245.7
und die dort angeführten Urteile), kann die Anwendung kommunaler Planungsvorschriften, die insbesondere dem Schutz der Einwohner dienen, nicht von vornherein abgelehnt werden.»

Es geht dem Bundesgericht also um den Schutz der Einwohner. Somit ist das auch im Kanton Zürich gültig und notwendig. Als das Planungs- und Baugesetz (PBG) Mitte der 1970er geschrieben wurde, existierten noch keine modernen, industriellen Windkraftanlagen. Die heutigen, bis zu 280 Metern hohen und die Sicherheit der Einwohner gefährdenden Anlagen waren noch Science-Fiction. Wenn Neukom eine Deponie mit solchen Windkraftanlagen vergleicht, liegt er gleich mehrfach falsch, denn die Planung einer Deponie folgt scharfen Vorschriften. Zudem müssen für Deponien in aller Regel keine Bäume gefällt werden und schliesslich bergen Deponien keine dieser gefährlichen Risiken mit plötzlicher Todesgefahr wie Eiswurf. Zur Anwendung kommen könnte auch der Paragraf 75 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG) kommen. Hier wird darauf hingewiesen, dass ein Recht auf ungestörte Aussicht besteht:

§ 75 Die Bau- und Zonenordnung kann für im Zonenplan bezeichnete Lagen Anordnungen treffen, welche die Aussicht oder die Sicht auf besondere Geländeformen sichern.

Auch die Kantonsverfassung hält den Kanton an, den Gemeinden grösstmögliche Autonomie zu gewähren:

Art. 1 ⁴Der Kanton anerkennt die Selbstständigkeit der Gemeinden.“

„Art. 85 ¹Die Gemeinden regeln ihre Angelegenheiten selbstständig. Das kantonale Recht gewährt ihnen möglichst weiten Handlungsspielraum.
²Der Kanton berücksichtigt die möglichen Auswirkungen seines Handelns auf die Gemeinden, die Städte und auf die Agglomerationen.“

Durchsichtiges politisches Manöver

Dass Herr Neukom im Interview behauptet, die Festlegung von Mindestabständen durch die Gemeinden seien gemäss Zürcher Gesetzgebung gar nicht zulässig, war zu erwarten. Jeder bringt sich in Position. Gerade darum sind Einzelinitiativen jetzt wichtig. Entschieden wird erst viel später im Kampf um die Öffentlichkeit und in den Gerichtssälen. Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang ist, wie weit der windkraftbegeisterte Neukom noch gehen und wie hohe weitere Kosten für Studien er verursachen kann. Ein Entscheid des Gesamtregierungsrates liegt nämlich noch nicht vor.

Liebe Gemeindebehörden, lasst Euch nicht ins Bockshorn jagen. Jede Abstandsregelung in der BZO ist ein Schutz vor Willkür – und zugleich ein Schutz für die Einwohner. So sagt es der Bundesgerichtsentscheid, welcher diesen Schutz ausdrücklich befürwortet. Kämpft darum für die Rechte Eurer Gemeinden und Bürger. Was man hat, das hat man – ein Mindestabstand ist das Mindeste!

Die Fehler und Falschbehauptungen bei Martin Neukoms Windkraftplänen werden in Teil 2 der Replik von Therese Schläpfer aufgezeigt: Zu Teil 2 der Replik.

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