Meinungsvielfalt kann nur der Markt erbringen
2025 stehen wichtige medienpolitische Weichenstellungen an. Im Januar wird die Vernehmlassung zu einem neuen Gesetz über Kommunikationsplattformen eröffnet. Zudem präsentiert der Bundesrat sein Konzept zur Regulierung künstlicher Intelligenz (KI). Die Medienkommissionen der Räte befassen sich derweil mit einer Auslegeordnung zum «Service public», die aufgrund der Gebührensenkungsinitiative angestossen worden ist. Aus Sicht der SVP sind die Ziele klar: weniger Regulierung, mehr Markt und ein klar umrissener «Service public»-Auftrag.
Die Gebührensenkungsinitiative fordert, dass der Auftrag der SRG endlich klar definiert wird. Bild: SRG-Initiative
Seit Jahren sind Bundesrat und Verwaltung in der Medienpolitik auf den Status quo fixiert. Die Optik der Berichte und Anträge ist eindimensional und auf die Wünsche der SRG ausgerichtet. Wichtige Fragen, die private Medien betreffen, bleiben ausgeklammert. Geht es um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Anbieter, diskutiert man bestenfalls über eine Anpassung beim Gebührensplitting oder neue Förderbeiträge.
Politischer Druck nötig
Dies soll die Gebührensenkungsinitiative ändern. Unter dem Titel «200 Franken sind genug» hat das überparteiliche Komitee eine alte Forderung aufgenommen, die immer noch unerfüllt ist: Der Auftrag der SRG muss endlich klar definiert werden. Die Aktivitäten der SRG sind in den vergangenen Jahren immer mehr gewachsen. Dies auch in Bereichen, wo bereits private Anbieter diverse Angebote lanciert haben.
Im Herbst 2016 beschloss der Nationalrat auf Antrag von Christian Wasserfallen, dass das Subsidiaritätsprinzip auch beim «Service public»-Auftrag berücksichtigt werden müsse: Die SRG solle nur dann Programme anbieten, wenn nicht bereits ein entsprechendes Angebot von Privaten vorliege. Dies ist bereits wieder vergessen. Dass der Bundesrat mit der Botschaft zur Gebührensenkungsinitiative einen Bericht mitliefert, der sich der volkswirtschaftlichen Bedeutung der SRG widmet, bestätigt den Eindruck, dass die Verwaltung alten Ideen und Denkmustern verhaftet ist. Man ist nicht bereit, eine offene Debatte über den «Service public» zu führen.
Private Medien sind gefordert
Nun hat die nationalrätliche Medienkommission das Bundesamt für Kommunikation im Herbst mit verschiedenen Abklärungen beauftragt. Dies soll helfen, in der Medienpolitik endlich eine gesamtheitliche Sicht zu gewinnen. Prioritär darf nicht die Wunschliste der SRG sein, sondern die Rahmenbedingungen für die privaten Medien als Kern unseres Mediensystems.
Derweil hält sich das Engagement der privaten Medien leider in engen Grenzen. Der Jammer über fehlende Einnahmen ist gross, der konkrete Einsatz für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen – z.B. im Kampf gegen Werbeverbote – jedoch kaum wahrnehmbar. Aktiv werden die Verlage einzig bei Fragen wie der Erhöhung der indirekten Presseförderung oder bei der Anpassung des Schlüssels zur Verteilung der Gebührenerträge. Eine bedenkliche Entwicklung – wären seriöser Journalismus und korrekte Informationen doch wichtiger denn je.
Qualitätsjournalismus dringend nötig
Unsere Gesellschaft steckt in einer Lesekrise. Ein grosser Teil der Jugendlichen befindet sich heute im roten Bereich der Lesekompetenz. In der Schule hören sie kaum etwas von Staatskunde und Politik, zudem informieren sie sich nur unregelmässig und konsumieren keine klassischen Medien. An Abstimmungen nehmen sie kaum teil.
Immer mehr Leute haben Mühe, Texte zu verstehen, was sie für Manipulation anfällig macht. Dies greifen Politiker dankbar auf und weisen auf die sozialen Netzwerke hin, in denen bisweilen «Fake News» oder Verschwörungstheorien herumgeistern. Auch die neuen Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz werden als Gefahr eingestuft. Dabei könnte genau dies eine Chance sein.
Online-Regulierung: Weniger ist mehr
Bei der Regulierung von KI muss die Schweiz aufpassen, dass sie nicht dieselben Fehler macht wie die Europäische Union. Die massive Überregulierung der EU hat zur Folge, dass sich die Tech-Unternehmen von Europa abwenden. Eine Chance für die Schweiz, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen!
Die Debatte steht bevor: Im Januar 2025 wird die Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen (KomPG) eröffnet. Gemäss diesem Erlass sollen die Nutzer gegenüber Kommunikationsplattformen wie zum Beispiel Google, Facebook oder YouTube mehr Rechte erhalten. Die EU hat diese Bereiche bereits im Digital Services Act (DSA) und im Digital Markets Act (DMA) geregelt – zwei unübersichtliche, bürokratische Regelwerke.
Ebenfalls im Frühling wird der Bericht des Bundesamtes für Kommunikation über einen möglichen schweizerischen Ansatz zur Regulierung von KI-Systemen erwartet. Dort stellt sich die Frage, ob die Schweiz die EU-Regulierung übernimmt, ob sie ein eigenes Gesetz macht oder ob sie noch zuwartet, um die Entwicklungen zu beobachten. Letzteres wäre der beste Weg und zudem ein wichtiges positives Signal für potenzielle Investoren. Gerade in der Medienpolitik ist es wichtig, dass der Markt spielt. Die Verwaltung kann diese Aufgaben nicht bewältigen.