Offener Brief an Bundesrat zum ausufernden Asylwesen
Statt die Asylzahlen mit wirkungsvollen Massnahmen zu reduzieren, wälzt der Bund das Asylproblem einfach auf die Gemeinden ab. Sämtliche Gemeinden des Bezirks Dielsdorf haben in einem offenen Brief an Bundesrat Beat Jans mit Kopie an Regierungsrat Mario Fehr eine Protestnote platziert. Sie kündigen an, keine weiteren Kontingentserhöhungen mehr stemmen zu können.

Die Unterbringung von immer mehr Asylbewerbern stellt die Gemeinden vor Probleme. Bild: Adobe Stock
Geschätzter Bundesrat Jans, lieber Beat
Noch vor zwei Jahren lag die Asyl-Aufnahmequote bei 0,5% der Wohnbevölkerung. Bekanntermassen wird sie nun per 1. Juli 2024 auf 1,6% erhöht. Seit zwei Jahren engagieren sich die Städte und Gemeinden mit enormem Aufwand, um die stetig wachsende Zahl von Asylsuchenden aufnehmen zu können.
Gemeinden am Anschlag
Die Gemeinden in unserem Bezirk haben es dank massiven Anstrengungen knapp geschafft, die heute gültige Aufnahmequote von 1,3% zu erfüllen. Dies erfolgte vielfach mit Zwischennutzungen, die im Laufe der kommenden 1 bis 2 Jahre wieder wegfallen werden. Neue Unterkünfte sind unter den bestehenden Rahmenbedingungen sehr schwer oder gar nicht realisierbar. Personen, die theoretisch in den freien Wohnungsmarkt transferiert werden könnten, um wieder einen Kontingentsplatz freizumachen, bleiben oftmals aus den verschiedensten Gründen in unseren Unterkünften. Unser Personal, welches sich mit viel Herzblut um eine Integration bemüht, sieht sich nebst der Belastung aufgrund der enormen Anzahl an Personen auch mit Fällen konfrontiert, die aufgrund des noch laufenden Verfahrens nicht auf die Gemeinden verteilt werden sollten. Kurz zusammengefasst: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind am Limit! Demzufolge weisen wir Sie darauf hin, dass es nach dem heutigen Kenntnisstand nicht (für alle Gemeinden) möglich sein wird, die geforderte Quote von 1,6% per 1. Juli 2024 zu erfüllen.
Kantone und Bund sind gefragt
Selbstverständlich bemühen wir und unsere Mitarbeitenden uns weiterhin, neue oder alternative Lösungen zu suchen – sei dies bspw. durch die Eröffnung von Zivilschutzanlagen oder die Realisierung von Containerprojekten. Es ist uns wichtig, frühzeitig über den Stand der Arbeiten bzw. die äusserst angespannte Situation in den Gemeinden zu informieren. Ebenso bringen wir klar zum Ausdruck, dass Zeltdörfer und sonstige kurzfristige Lösungen Aufgabe des Bundes, vielleicht im «Notfall» Aufgabe der Kantone, aber sicher nicht Aufgabe einzelner Gemeinden sind. Wir rufen dringend dazu auf, dass primär auf Stufe Bund sowie des Kantons auch andere Wege gesucht werden müssen, als stetig die Aufnahmequote für die Gemeinden zu erhöhen. Insbesondere erwarten wir vom Bund neben einer restriktiven Asylpraxis, dass er die über 20 000 hängigen Asylgesuche rasch abbaut und die Asyl-Schnellverfahren ausweitet. Zudem ist beim Schutzstatus S die Rückkehrorientierung zu klären und Missbrauch einzudämmen. Wir weisen mit Nachdruck darauf hin, dass die Städte und Gemeinden keine weitere Steigerung der Aufnahmequote bewältigen können.
Beste Grüsse
Stefan Schmid, Präsident der Gemeindepräsidienkonferenz und Gemeindepräsident von Niederglatt, und Gemeindepräsidenten des Bezirks Dielsdorf