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Rechtsstaat auf Abwegen

Justica… wo bleibt der gesunde Menschenverstand? (Bild: Adobe Stock)

Wir sind zu Recht stolz auf unseren Rechtsstaat, der jedem Bürger und jeder Bürgerin die Gleichbehandlung vor dem Gesetz garantiert. Zahlreiche juristische Grundprinzipien sind tief in unserem kollektiven Denken verankert: die Unschuldsvermutung etwa, gemäss der ein Beschuldigter so lange als unschuldig gilt, bis seine Schuld unzweifelhaft bewiesen worden ist. Oder das Prinzip «in dubio pro reo», zu Deutsch «im Zweifel für den Angeklagten»: Ein Beschuldigter darf nur verurteilt werden, wenn kein berechtigter Zweifel an seiner Schuld besteht. Und natürlich der simple Grundsatz «keine Strafe ohne Gesetz » – kein Mensch soll für etwas bestraft werden, was zum Zeitpunkt der Tat nicht strafbar war.

Rechtsprinzipien sind doch nicht ganz so universell gültig

Dass diese Rechtsprinzipien doch nicht ganz so universell gültig sind, musste kürzlich ein 38-jähriger Thurgauer schmerzhaft feststellen. Der Mann hatte zu Hause mit Freunden gefeiert; es floss viel Alkohol und entsprechend wurde es bald so laut, dass die Polizei ausrücken musste. Die angeordnete Alkoholprobe ergab den beachtlichen Wert von 2,2 Promille. Was nun folgte, klingt wie ein schlechter Scherz: Dem Mann wurde der Führerausweis entzogen – dies, obwohl er zu Hause war, sich nicht gegen die Polizeikontrolle wehrte und selbstverständlich keinerlei Anstalten machte, sich in ein Auto zu setzen. Eine Strafe also für ein Vergehen, welches der Mann weder begangen hatte noch zu begehen beabsichtigte.

«Sicherungsentzug»

Und das Absurdeste an dieser Situation: Dieses als «Sicherungsentzug» bezeichnete Vorgehen der Polizei ist rechtens: Der Führerausweis darf entzogen werden, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass jemand alkoholsüchtig ist oder in angetrunkenem Zustand fahren könnte. Eine Regelung, die viele nicht kennen und die jedem aufrechten Bürger die Haare zu Berge stehen lassen.

Was passiert als nächstes?

Es drängt sich unweigerlich die Frage auf: Was, wenn ich das nächste Mal zu Hause einen über den Durst trinke? Und überhaupt, was kommt als nächstes? Die Verhaftung als vermeintlicher Vergewaltiger, wenn man einer hübschen Frau hinterherschaut? Eine saftige Busse für zu schnelles Fahren, wenn man ein PS-starkes Auto kauft? Eine Anklage als möglicher Terrorist, wenn man auf einer falschen Website surft? Es ist richtig und wichtig, dass der Staat seine Bürgerinnen und Bürger vor allen möglichen Bedrohungen schützt. Wenn die Behörden aber aus einer falsch verstandenen Übervorsicht heraus beginnen, unbescholtene Bürger zu schikanieren, liegt tatsächlich einiges im Argen. Immerhin haben nach Bekanntwerden des Falls Politiker von links bis rechts gelobt, das entsprechende Gesetz schleunigst anzupassen. Ob dies gelingt, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt. In unserer immer hysterischer werdenden Vollkasko-Gesellschaft findet man schliesslich für jeden Irrsinn eine Rechtfertigung.

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