Was will Bern eigentlich?
NEUE EU-VERHANDLUNGEN
Der Bundesrat hat beschlossen, bis Ende Juni 2023 Eckwerte für ein Verhandlungsmandat mit der Europäischen Union (EU) zu erarbeiten. Es war zu erwarten, dass der Bundesrat nach dem Verhandlungsstopp im Mai 2021 über ein institutionelles Rahmenabkommen auf neue Verhandlungen drängt.
Der Bundesrat hielt Ende Februar eine europapolitische Klausur ab, um das neue Verhandlungsmandat mit der EU festzulegen. Die offenen Punkte in den Gesamtbeziehungen mit der EU wolle man «auf der Grundlage eines breiten Paketansatzes angehen». Das heisst, man will die Rechtsübernahme und die Streitbeilegung jeweils in den einzelnen Abkommen festzurren. Man will also in Bern nur noch über den Weg verhandeln. An den Zielen der EU will die Landesregierung gar nicht rütteln, die soll die Schweiz übernehmen müssen.
Stabilisiert Brüssel auch? Nach dem Nein zum Rahmenabkommen 2021 hat der Bundesrat einzelne Departemente damit beauftragt, die Möglichkeit von Anpassungen des nationalen Rechts an EU-Recht zu prüfen mit dem klaren Ziel, «die bilateralen Beziehungen zu stabilisieren». Man könnte nun die Frage stellen: Was macht eigentlich Brüssel, um die bilateralen Beziehungen zur Schweiz zu stabilisieren? Ob dem Bundesrat klar ist, dass man in einer Krise das Bewährte nicht über Bord werfen kann? Und: Darf man den Bundesrat zwingen, einen falschen europapolitischen Verhandlungskurs vorantreiben zu müssen, während gar niemand bereit ist, diese Verhandlungen zu führen? Der Bundesrat tut sich sichtlich schwer damit. Neues EU-Recht darf auch in Zukunft nicht übernommen werden. Es darf keine Unterstellung der schweizerischen Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit sowie der direkten Demokratie unter den EU-Gerichtshof (EuGH) geben. Und eine Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie wäre mehr als fatal für unseren Sozialstaat.
Die Schweiz entfesseln
Nationalrat Roger Köppel von der Aussenpolitischen Kommission sagte es klar im Parlament: «Wir dürfen die Schweiz nicht noch mehr fesseln mit institutionellen Verbandelungen, die nicht funktionieren. Wir müssen die Schweiz entfesseln. Es gibt eine unabhängige Schweiz, die auch auf gleichberechtigter Augenhöhe mit der EU verhandeln kann.» Er wandte sich damit gegen ein einseitiges Diktat des Parlaments. Den Aussagen ist nichts mehr beizufügen.