Nett sein ist teuer
In der öffentlichen Verwaltung glaubt man noch immer an ein Märchen: Wenn man nur genügend Workshops macht, Leitbilder formuliert und «Prozesse überprüft», werde alles effizienter. Die Realität ist ernüchternd. Die Verwaltung wächst, die Regeldichte explodiert – und die Kosten steigen zuverlässig jedes Jahr weiter. Nicht aus bösem Willen, sondern aus Systemlogik.

Die kürzlich überwiesene Parlamentarische Initiative zur Schuldenbremse für Bülach ist ein notwendiger Schritt zur Sicherung der Handlungsfähigkeit. Bild: Adobe Stock
Der Staat ist ein Monopol. Wo kein Wettbewerb herrscht, gibt es keinen natürlichen Effizienzdruck. In der Privatwirtschaft gilt eine einfache Regel: Wer ineffizient arbeitet, verschwindet vom Markt. In der Verwaltung gilt das Gegenteil: Wer mehr Aufgaben definiert, erhält mehr Stellen, mehr Budget und mehr Einfluss. Effizienz wird dort nicht belohnt – sie ist sogar gefährlich, weil sie den eigenen Bereich infrage stellt. Genau deshalb funktioniert Effizienz in der öffentlichen Hand nur dann, wenn sie verbindlich eingefordert wird.
Das beste Beispiel liefert die Schweiz selbst: die Schuldenbremse. Sie war kein freiwilliges Sparprogramm, kein Appell an die Vernunft, sondern eine klare Regel mit klaren Konsequenzen. Das Resultat ist bekannt: stabile Finanzen, sinkende Schuldenquote und politische Disziplin – auch in schwierigen Zeiten. Ohne diese Zwangsregel gäbe es heute weder Überschüsse noch Handlungsspielräume.
Kulturentscheid
Was auf Bundesebene funktioniert, gilt erst recht auf Gemeindeebene. Bülach steht aktuell genau an diesem Punkt. Die Stadt wächst stark, die Investitionen sind hoch, und ohne klare Leitplanken droht der Schuldenstand weiter zu explodieren. Die kürzlich überwiesene Parlamentarische Initiative zur Schuldenbremse für Bülach ist deshalb kein Sparfetisch und keine ideologische Spielerei, sondern ein notwendiger Schritt zur Sicherung der Handlungsfähigkeit.
Die Initiative ist bewusst einfach gehalten – und gerade deshalb wirksam: Ausgaben dürfen nicht schneller wachsen als Einnahmen. Defizite müssen abgebaut werden. Ausnahmen brauchen ein qualifiziertes Mehr.
Kurz: Wer mehr will, muss es erklären – und auch verantworten. Diese Logik fehlt heute in weiten Teilen der öffentlichen Verwaltung. Statt Prioritäten zu setzen, wird vieles einfach «mitgenommen ». Die Rechnung folgt später – meistens für die Steuerzahler.
Gleichzeitig zeigt die Erfahrung: Freiwillige Effizienzprogramme scheitern fast immer. Digitalisierung ohne verbindliche Fristen versandet. Aufgabenüberprüfungen ohne Zielvorgaben enden in Berichten. Personalstopps ohne klare Regeln werden umgangen. Erst wenn Budgets gedeckelt, Ziele messbar und Konsequenzen spürbar sind, ändert sich Verhalten.
Das ist kein Misstrauensvotum gegen Mitarbeitende – im Gegenteil. Viele Verwaltungsangestellte leisten hervorragende Arbeit und wissen selbst, wo Abläufe unnötig kompliziert sind. Doch ohne politischen Rückhalt und klare Vorgaben bleiben Verbesserungen folgenlos. Effizienz ist letztlich eine Führungsfrage – und Führung heisst auch, Grenzen zu setzen.
Stellen lösen keine Probleme
Und noch etwas: Eine Schuldenbremse wirkt nicht nur über Zahlen, sondern über Psychologie. Sie zwingt jede Abteilung, endlich die zentrale Frage zu beantworten: Was ist notwendig – und was ist nur Gewohnheit? Sie verhindert, dass neue Stellen als «Lösung» für jedes Problem reflexartig durchgewunken werden. Wer eine neue Aufgabe will, muss zuerst sagen, welche alte Aufgabe wegfällt. Genau so entsteht echte Prioritätensetzung.
Die Schuldenbremse für Bülach ist deshalb mehr als ein finanzpolitisches Instrument. Sie ist ein Kulturentscheid: Weg von der automatischen Ausgabenlogik. Hin zu Prioritäten, Verantwortung und Kostenwahrheit.
Effizienz ist kein Selbstzweck. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass der Staat seine Kernaufgaben erfüllen kann – ohne die Bürger immer stärker zur Kasse zu bitten. Wer das ernst meint, muss den Mut haben, klare Regeln durchzusetzen. Alles andere ist Verwaltungstheater.