Der Bürger zahlt die Rechnung
Die Stadt Winterthur regiert an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei.

Nur ein einziges Mal hat ein Auto mit einer Zürcher Nummer an einer der Säulen Strom bezogen. Bild: Stadt Winterthur
Der aufmerksame Leser dieser Kolumne wird sich womöglich daran erinnern. Vor rund 1,5 Jahren habe ich an dieser Stelle berichtet, dass die Stadt Winterthur unter die Tankstellenbetreiber geht. Genauer gesagt wollte sie Ladestationen für Elektrofahrzeuge in den Quartieren betreiben. Nach einem Jahr Vorlauf sind die ersten drei Stationen letzten November in Betrieb gegangen. Dass der Staat als Unternehmer in diesem Bereich tätig wird, hat bei mir grosse Fragen aufgeworfen. Es ist darum Zeit für ein Zwischenfazit. Als Anwohner glaube ich, die Nutzung zumindest an einem der Standorte beurteilen zu können. Eine wasserdichte Statistik zur Nutzungsfrequenz kann ich nicht präsentieren. Das ist auch nicht nötig, denn die beiden Parkfelder sind – Überraschung – meist leer. Genau drei Mal habe ich im letzten halben Jahr ein Auto auf einem der Felder parkiert gesehen. Jemand hat im Schnee nicht erkannt, dass es sich um eine Ladestation handelt. Ein anderes Mal hat ein ausserkantonaler Nutzer sein Auto aufgeladen. Nur ein einziges Mal hat ein Auto mit einer Zürcher Nummer an einer der Säulen Strom bezogen. Regelmässige Nutzer sind also nicht in Sicht. Bis heute scheint auch niemand aus dem Quartier aufgrund dieser Säulen ein Elektroauto gekauft zu haben, wie es sich die Stadt in ihren linksgrünen Träumen ausgemalt hat.
Die Testphase bis Herbst 2026
Die Testphase läuft zwar noch bis Oktober 2026. Es zeichnet sich schon heute ab, dass der Bürger diese saftige Rechnung bezahlen wird. Auf dieser Rechnung stehen nicht nur die Installationskosten von 30 000 Franken pro Säule, sondern auch die ganze teure Verwaltungsarbeit dahinter. Dazu gehört die Durchführung von Umfragen in den Quartieren, Erstellung einer Website, Versenden von Briefen an die Quartierbevölkerung oder das Schreiben von Medienmitteilungen. Dabei ist die Untersuchung, die nach Ablauf der Testphase den Erfolg dieser Massnahme preisen wird, noch gar nicht eingerechnet. An diesem Beispiel zeigt sich wunderschön, wie in der Stadt an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbeiregiert wird. Wenn man etwas nicht aus der eigenen Tasche bezahlen muss, steckt man in solche Projekte mehr Ressourcen als nötig hinein. Beim linksgrünen Unternehmertum gehen nicht die Unternehmer selbst ins Risiko. Das Hauptrisiko trägt der Staat und damit der Steuerzahler.
Neue Ideen gehen nicht aus
An Ideen für neue «Unternehmen » mangelt es der linksgrünen Mehrheit in unserer Stadt nicht. Die Kreislaufwirtschaft lässt grüssen. Es ist zumindest ein kleiner Trost, dass ein Stadtparlamentarier der SP, notabene selbst ein privater Unternehmer, mit seiner Vorstellung eines Netzes von 100 Ladesäulen nicht durchgedrungen ist. Es ist bezeichnend, dass jemand mit unternehmerischer Erfahrung dieses Projekt nicht selbst auf eigene Rechnung anpackt.