Asylpolitik: Wann endlich erwacht das EJPD?
Der Handlungsbedarf in der Migrationspolitik ist enorm. Weltweit sind bereits über 122 Millionen Menschen auf der Flucht. Der Druck auf Europa steigt. Schlepperbanden haben Hochkonjunktur, alle zehn Minuten wird in der Schweiz ein illegal Anwesender aufgegriffen. Gewalt und Kriminalität nehmen zu, die Kosten explodieren: Das Asylwesen verschlingt über 3,5 Milliarden Franken im Jahr. Wann endlich merkt der Bundesrat, dass dringend Massnahmen gefragt sind?

Die Möglichkeit des Familiennachzugs löst eine enorme Sogwirkung aus. Bild: pixabay
Wer über Asyl- und Migrationspolitik diskutiert, muss sich immer eines bewusst sein: Die Mehrheit der Menschen, die unfreiwillig vor Krieg oder einer Katastrophe flüchten müssen, bleibt im eigenen Land. Im vergangenen Jahr suchten so von 117 Millionen Vertriebenen fast 70 Millionen Menschen Schutz im eigenen Land. Von den Flüchtlingen wiederum, welche die Landesgrenzen überschreiten, leben gemäss UNHCR fast 70% in einem Land, das an ihren Heimatstaat grenzt. Der Grund ist einfach: Sie wollen so rasch als möglich wieder zurück in ihr Zuhause. Fazit: Es sind gemäss Zahlen des UNHCR «nur» rund 13% der Flüchtlinge (15,2 Mio.), welche den Weg über mehrere Länder und Kontinente antreten und zu einem grossen Teil in Europa landen.
Fragwürdige Praxisänderung
Im Juli 2023 überraschte das Staatssekretariat für Migration (SEM) mit einer Praxisänderung: Neu sollten afghanische Frauen und Mädchen generell Asyl erhalten. Die ohne Konsultation erfolgte Praxisänderung des SEM sorgte für Irritation, denn sie widerspricht dem Asylgesetz. Gemäss Asylgesetz muss jedes Asylgesuch separat geprüft werden. Es gibt nur eine Möglichkeit, ganzen Gruppen pauschal Asyl oder eine Aufnahme zu gewähren: Aufgrund der Artikel 4 und 66 des Asylgesetzes kann der Status S gewährt werden, der heute für Personen aus der Ukraine gilt. Dies wiederum kann aber nicht ein Bundesamt oder das SEM beschliessen; den Status S kann nur der Bundesrat vergeben. In allen anderen Fällen gilt: Die Gesuche müssen einzeln geprüft werden. Der diesbezügliche Vorstoss wurde im Nationalrat mit 92:91 Stimmen haarscharf abgelehnt – dies, weil sich mehrere FDP-Vertreter enthalten haben. Das Anliegen ist nun aber auch noch im Ständerat hängig, der korrigieren kann.
Sogwirkung im Asylbereich
Wenn das SEM die Asylhürde derart senkt und den Familiennachzug für Ehegatten und Kinder ermöglicht, löst dies eine enorme Sogwirkung aus. Es erstaunt nicht, dass unglaubliche 57% der Asylgewährungen im Mai 2024 (500 akzeptierte Gesuche!) Personen aus Afghanistan betrafen. Die Risiken sind enorm: Afghanistan zählt 41 Millionen Einwohner und bereits heute leben rund 5,2 Millionen afghanische Staatsbürger – darunter viele Afghaninnen – in den Nachbarländern Afghanistans. Die sog. Sekundärmigration wird stärker: Personen, die schon lange in Drittstaaten leben, machen sich auf den Weg in die Schweiz, um sich hier im Rahmen des Asylrechts niederzulassen. Dies mit beschränktem Integrationspotenzial und wenig ausgeprägten Integrationsanreizen auf dem Arbeitsmarkt – aber mit realistischer Aussicht auf dauernden Verbleib. Diese Asylpolitik ist ein reines Fiasko: Wir nehmen Leute auf, die aus sicheren Drittstaaten kommen. Dafür fehlen die Kapazitäten für jene, die wirklich Schutz und Hilfe nötig hätten. Gleichzeitig steigt die Kriminalität an und die Bevölkerung lebt in Gefahr.
Dringend nötige Grenzkontrollen
Eine gravierende Schwachstelle in der schweizerischen Migrationspolitik sind die fehlenden Grenzkontrollen. Dies führte dazu, dass die Zahl der rechtswidrigen Aufenthalte in der Schweiz massiv zugenommen hat. Zählte man 2020 noch 11 000 Aufgriffe illegal Anwesender, nahm diese Zahl ab 2022 auf über 50 000 Personen pro Jahr zu. Das heisst: Alle zehn Minuten wird in der Schweiz ein illegal Anwesender aufgegriffen! Über die Dunkelziffer kann man nur spekulieren. Vergleicht man diese Zahl mit den Zahlen aus der EU, dokumentiert dies nicht nur die bedenkliche Situation an den Schweizer Grenzen, sondern zeigt auch, dass der Schutz der Schengen- Aussengrenze überhaupt nicht funktioniert. Die Asylagentur der Europäischen Union zählte gemäss Daten von Frontex im Jahr 2022 330 000 irreguläre Grenzübertritte an der EU-Aussengrenze. Dies entspricht einem Anstieg von 64% gegenüber 2021.
SVP bringt Lösungsvorschläge
Seit Jahren kämpfen die SVP-Vertreter für Lösungsvorschläge. Mit der Grenzschutz- Initiative sollen Volk und Stände eine Möglichkeit erhalten, korrigierend einzugreifen. Gleichzeitig gelingt ab und zu auch ein Erfolg im Parlament. So wurde mein Vorstoss, dass man die Mobiltelefone von Asylbewerbern überprüfen darf, 2021 definitiv angenommen – die entsprechende Regelung tritt im April 2025 in Kraft. Tatsache ist, dass sich bei der Mehrheit der Asylbewerber die Identität nicht zweifelsfrei feststellen lässt. Viele reisen ohne Pass, haben aber ein Mobiltelefon dabei. Die Durchsuchungsmöglichkeit der Mobiltelefone soll den Behörden die Arbeit erleichtern. Nicht durchgedrungen sind die Anträge von Marco Chiesa und mir, die Asylverfahren künftig in Drittstaaten – also ausserhalb der Landesgrenzen – durchzuführen. Hier hat uns die EU überholt: Künftig werden Personen, die kaum Chancen auf Anerkennung haben (z.B. Inder oder Tunesier), ein beschleunigtes Verfahren an den EU-Aussengrenzen durchlaufen. Während dieses (höchstens drei Monate dauernden) Verfahrens leben sie in geschlossenen Zentren an der EU-Aussengrenze. Für einmal können wir der EU etwas abschauen. Voraussetzung aber wäre, dass der Bundesrat die Zeichen der Zeit erkennt. Derzeit hat man eher den Eindruck, er befinde sich im Tiefschlaf.