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Lassen wir uns kein schlechtes Gewissen einreden

Mit tränenverzogenem Gesicht fleht uns ein Kind aus einem Entwicklungsland an,
der «Konzernverantwortungsinitiative» zuzustimmen. Den Initianten zufolge braucht
es diese, weil nur so Konzerne für ihre angeblich systematischen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen geradestehen würden.

Erwarten die Befürworter etwa, dass ihnen jemand widerspricht? Niemand findet Ausbeutung und Kinderarbeit gut. Selbstverständlich gibt es Ausbeutung und Umweltverschmutzung. Sie bleiben auch nicht folgenlos, aber der Prozess dazu findet dort statt, wo der Schaden angerichtet wurde.

Wenn ich in Vietnam gegen ein Gesetz verstosse, muss ich auch nicht in der Schweiz vor Gericht, sondern der dortige Richter beurteilt dies nach dortigem Recht.

Mit dieser Initiative sollen neu Schweizer Richter bestimmen, was in Entwicklungsländern recht und richtig ist. Man kann durchaus von einer Art Neokolonialismus sprechen. Wir würden es auch gar nicht gerne sehen, wenn Saudi-Arabien, China oder Nigeria uns plötzlich sagen, wie wir unsere Angelegenheiten in der Schweiz regeln sollen.

Ausufernde Haftung

Schweizer Unternehmen würden neu direkt und ohne eigenes Verschulden für das Verhalten von allen in irgendeiner Form kontrollierten Unternehmen («wirtschaftliche Machtausübung») sowie indirekt (da sie darüber Beweis führen müssen) für ihre gesamte Wertschöpfungskette haften. Sie haften dann nicht nur für das, was sie selbst gemacht haben, sondern zusätzlich für das, was andere gemacht haben. Das ist in etwa so, wie wenn Sie für Ihre Nachbarin geradestehen müssen, weil sie etwas verbrochen hat. Zudem sieht der Initiativtext vor, dass künftig die beklagte Firma beweisen soll, dass sie alles unternommen hat, um den angeblichen Schaden zu verhindern.

Genau diese Beweislastumkehr dürften sich auf Schadensersatz und Vergleiche spezialisierte Kanzleien, Konkurrenten oder gewisse Staaten sehr schnell zunutze machen: Unsere Unternehmen stünden von Anfang an mit dem Rücken zur Wand, würden so gegenüber internationalen Kanzleien, Konkurrenten und Staaten erpressbar und hätten aufwendig zu belegen, dass sie oder ihre wichtigen Zulieferer im Ausland keine Menschenrechte verletzt haben. Und auch wenn sie Recht bekommen sollten: der Schaden ist angerichtet, die Reputation leidet nur schon bei Eröffnung eines Verfahrens. Der zusätzliche Aufwand für die Abwehr medial inszenierter Prozesse dürfte sich in der Verteuerung der Produkte oder verminderten Steuereinnahmen bemerkbar machen. Die Initiative trifft einzig und allein jene Unternehmen, die ihren Sitz in der Schweiz haben oder anders ausgedrückt: Im Ausland domizilierte Unternehmen sind deutlich im Vorteil.

Von der Konzernverantwortungsinitiative sind nicht nur die «bösen Multis» betroffen, wie die Etikette suggeriert, sondern auch Tausende von kleinen und mittelgrossen Firmen. Das Wort «Konzern» suchen Sie im Initiativtext denn auch vergeblich. Im Gegensatz zu den grossen, verfügen kleine und mittlere Unternehmen nicht über die Ressourcen, um sich mit Spitzenanwälten gegen allfällige Schadenersatzklagen zur Wehr zu setzen.

Schlecht für die Ärmsten dieser Welt

Die Initiative mit ihrer extremen Ausdehnung von Sorgfaltspflichten und Haftung dürfte infolge der Klagerisiken Firmen zwingen, risikobehaftete Gebiete zu meiden, selbst wenn sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Unternehmerisches Engagement ist aber massgebend für die hocherwünschte wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung dieser Schwellen- und Entwicklungsländer, wo Schweizer Firmen hohes Ansehen geniessen. Die Initiative würde also genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie vorgibt, erreichen zu wollen. An die Stelle unserer Unternehmen würden dann chinesische und russische Firmen treten. Ob das dem traurigen Mädchen auf dem Plakat hilft?

Vernünftiger Gegenvorschlag liegt auf dem Tisch

Das Parlament hat nach sorgfältiger Beratung einen Gegenvorschlag erarbeitet, der auf die Konstruktionsfehler der «Konzernverantwortungsinitiative» verzichtet, die primär der internationalen Klageindustrie, ausländischen Konkurrenten und der politischen Agenda von NGO in die Hände spielen würde. Er verpflichtet hingegen die Unternehmen zur Rechenschaft über ihre Geschäfte in Bezug auf Konfliktmineralien und Kinderarbeit und sieht bei Unterlassung persönliche Strafbestimmungen der Verwaltungsratsmitglieder vor. Der Gegenvorschlag kann bei einem Nein am 29. November sofort in Kraft treten.

Die Überlegungen hinter der Initiative kann ich nachvollziehen. Schweizer Firmen müssen tatsächlich Verantwortung übernehmen und tun dies auch. Aber lassen wir uns durch gestellte, emotionalisierende Bilder kein schlechtes Gewissen einreden: Ein NEIN zur Unternehmensverantwortungsinitiative ist kein NEIN zur Respektierung der Menschen- und Umweltrechte im Ausland, sondern ein NEIN zu den juristischen Instrumenten, welche die Schweiz damit wählen würde. Mit der UVI stellt sich die Schweiz über das Rechtssystem anderer Länder und gefährdet damit die Schweizer Wirtschaft und die aussenpolitischen Beziehungen.

 

 

Bild: IStock

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